Eine Schülergruppe des Illertal-Gymnasiums Vöhringen hat in zweijähriger Arbeit eine digitale Führung durch den ehemaligen jüdischen Ortskern Fellheims erstellt, die nun mit einem Smartphone, Tablet oder PC genutzt werden kann. Die App kann vor Ort an ausgewählten Stelen oder über die Homepage des Förderkreises mittels eines QR-Codes oder über den Link juedischesfellheim.orpheo.app aufgerufen werden. Nutzer der App können so u. a. mit einer 360°-Ansicht das Innere der Synagoge erkunden, ohne selbst im Gebäude zu sein. Die Audio-Texte, die in der App zu hören sind, wurden von den Schülern selbst verfasst und eingesprochen. In einer Feierstunde in der Ehemaligen Synagoge Fellheim stellten die Schüler unter der Leitung von Herrn Christoph Fischer vom Illertal-Gymnasium Vöhringen die App vor. Reinhard Schaupp, 1. Bürgermeister der Gemeinde Fellheim, lobte den Beitrag der Schüler als weiteren wichtigen Baustein für die Geschichtsarbeit in Fellheim. Ellen Neuschel und Christian Herrmann vom Förderkreis wollen diese gewinnbringende Zusammenarbeit mit den Schulen weiter fortsetzen. Schüler können sich so durch praktische Arbeit selbst einen Zugang zur jüdischen Geschichte erarbeiten und damit eine eigene Erinnerungskultur aufbauen, was angesichts der nicht mehr vorhandenen Zeitzeugen enorm wichtig ist. Der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Dr. Ludwig Spaenle zeigte sich beeindruckt von dem Projekt und der Geschichtsarbeit in Fellheim und betonte, dass es notwendig ist, gerade in Zeiten zunehmenden Judenhasses mit fundierten und bewegenden Informationen zur Geschichte gezielt geschürten Vorurteilen und Klischees gegen bestimmte Menschen oder Gruppen entgegenzutreten. Dass sich junge Menschen hier in so herausragender Weise engagierten, mache Mut für die Zukunft. Höhepunkt der Veranstaltung war ein Gastbeitrag der Brüder Steve und Alan Frankel, die per Videokonferenz online aus den USA teilnahmen. Die Brüder sind die Urenkel von Berta und Isaak Einstein, die 1942 von Fellheim aus nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet wurden. Ihre bewegenden Abschiedsbriefe, die sie kurz vor ihrer Deportation an ihre Kinder geschrieben haben, sind ebenfalls in der App zu hören. Die Frankels bedankten sich für das Engagement der Schüler und betonten, wie wichtig diese Erinnerungsarbeit für ihre Familie sei. Wahrer Patriotismus zeige sich aus ihrer Sicht vor allem darin, dass man sich seiner eigenen Vergangenheit aufrichtig stelle und zu ihr bekenne. In einem Folgeseminar soll die App noch weiterentwickelt werden. Daran wollen auch die beiden Frankel-Brüder mitarbeiten. Musikalisch einfühlsam umrahmt wurde die Veranstaltung vom Münchner Klezmer-Trio, das mit den virtuos vorgetragenen Klezmer-Melodien den Zuhörern das einzigartige Flair der Synagoge als Konzertraum näherbrachte.


